Kleine Dinge - Große Literatur!
Dezember 1985 in der irischen Kleinstadt New Ross, County Wicklow. Kohlenhändler Billy Furlong hat jede Menge zu tun und ist froh, seine Familie mit fünf Töchtern durchzubringen. Als er im Nonnenkloster den Kohlenkeller auffüllt, macht er eine erschütternde Entdeckung ...
Die Geschichte eines einfachen, aber aufrechten Mannes mit Rückgrad.
Dieses Buch stand 2022 auf der Short List für den Man Booker Prize.
Claire Keegan, Kleine Dinge wie diese
Steidl, 978-3-96999-065-0 , 20,00 €
Schon seit vielen Jahren hat Mariana Leky bewiesen, dass sie sowohl die lange als auch die kurze Form beherrscht.
Jetzt bietet sie uns 39 mal Erkenntnis, Trost und beste Unterhaltung mit ihren literarischen Kolumnen.
Wir erfahren, dass die Pubertät eine Kontinentalverschiebung ist, warum es ein Liebes-Grundeinkommen geben sollte und dass Herr Kalscheuer vom Schlüsseldienst aussieht "wie eine Mischung aus Peter Handke und Peter Lustig".
Fein gesponnen und doch wunderbar geerdet ist "Kummer aller Art" eine Lesefreude sondergleichen.
Mariana Leky, Kummer aller Art
DuMont, 978-3-8321-8216-8, 22 €
Wagenbach hat schon lange eine Expertise für italienische Literatur.
Hier kommt wieder ein neuer Roman aus Italien, der ganz ohne Urlaubskitsch und falsche Romantik eine ungeheure Wucht entfaltet.
Gaia wächst mit einem älteren Halbbruder und zwei jüngeren Zwillingsbrüdern an der Peripherie Roms auf. Ihr Vater sitzt nach einem Berufsunfall ohne Krankenversicherung querschnittsgelähmt im Rollstuhl, ihre Mutter arbeitet hart und versucht mit diversen Putzstellen nicht nur die Familie über Wasser zu halten, sondern auch ihrer Tochter eine gute Ausbildung zu ermöglichen. Dieses Bildungsversprechen wird für Gaia jedoch keineswegs zum Fahrschein in eine strahlende Zukunft.
Ein von Barbara Kleiner hervorragend übersetzter und erzählerisch unerbittlicher Roman über soziale Ungleichheit und Ungerechtigkeit.
Giulia Caminito, Das Wasser des Sees ist niemals süß
Wagenbach, 978-3-8031-3349-6, 26,00 €
"Alles in allem gehen sie gern auf Beerdigungen. Michael hat einen Sinn fürs Zeremonielle, Hanna erfreut sich am Drama, und Alice mag es, wenn Menschen dafür zusammenkommen. Ihrer Mutter geben Beerdigungen ein Gefühl des Triumphes"
Diese hinreißend böse Familiengeschichte beginnt stilecht mit einer Beerdigung. Immerhin ist das eine der Gelegenheiten, zu denen sich alle einfinden. Bis auf Paul, den geschiedenen Vater sind also alle dabei: Mutter Celia, Sohn Michael, Alice und ihre Zwillingsschwester Hanna. Zwischen den beiden Schwestern war und ist eigentlich nie irgend etwas einfach. Aber Hanna redet auch schon länger nicht mehr mit ihrer Mutter. Und Michael hält sich am liebsten einfach raus oder gibt reihum bemerkenswert überflüssige Ratschläge.
Über 500 Seiten Lesevergnügen für alle, die besten britischen Humor mit ausgefeilt bissigen Dialogen zu schätzen wissen.
Rebecca Wait, Meine bessere Schwester
Kein & Aber, 978-3-0369-5882-8, 26 €
Schon beim ersten schnellen Durchblättern fallen die vielen illustrierten Seiten auf. Und dann die Kapitel, in denen Chat-Messages einander abwechseln. Dazwischen ganz analog erzählte Prosa. Mit dieser Mischung legen Autorin Wlada Kolosowa und Illustrator Raúl Soria ein ebenso spezielles wie rundum überzeugendes Buch vor. Es ist die ausgesprochen unterhaltsame, witzige und sehr gegenwärtige Geschichte eines (trotz aller Schrulligkeiten typischen) jungen Berliner Paares und ihres einigermaßen herausfordernden Alltags zwischen ihrem neuem Job in einem durchgeknallt-freidrehenden Start-Up-Unternehmen für Hundefutter und seiner Hingabe an die bis auf weiteres brotlose Kunst der Graphic Novel. Dazwischen jede Menge tragi-komische Verwicklungen. Fazit: großer Lesespaß!
Wlada Kolosowa, Der Hausmann
Leykam, 978-3-7011-8253-4, 24 €
Eine neue literarische Stimme aus Irland.
Louise Nealons Debüt-Roman spielt zum einen Teil auf einer Milchfarm, zum anderen in Dublin am altehrwürdigen Trinity-College.
Debbie White hat nach dem Schulabschluss das große Los gezogen und eine Zulassung an der angesehensten irischen Universität erhalten. Doch schon am ersten Tag wird ihr klar, dass für sie als "Land-Ei" der Sprung in die coole Welt der hippen Kommiliton:innen nicht so einfach wird. Zudem hat sie beschlossen, täglich mit dem Zug zwischen Farm und Uni zu pendeln, was die Sache nicht leichter macht. Ihre psychisch angeschlagene Mutter und den trinkenden Onkel alleine zu lassen, kommt allerdings nicht in Frage. Und so bahnt sich Debbie im Zickzackkurs ihren Weg zwischen Familie und großer Welt. Dabei helfen ihr vor allem ihr großes Herz und eine gehörige Portion trockener Humor.
Ein ausgesprochenes Lesevergnügen!
Louise Nealon, Snowflake
Mare, 978-3-86648-660-7, 24,00 €
Meistens können wir nicht aus unserer Haut. Aber was wäre, wenn?!
Diese Graphic Novel von Hubert und Zanzim verhandelt die Themen Gender, Sexualität und Geschlechterrollen auf eine sehr ungewöhnliche Art. Wir befinden uns in der Ritterzeit und die Hauptfigur ist eine Prinzessin. So weit, so erwartbar. Allerdings ist der Clou der Geschichte die Verwandlung der weiblichen Erzählerin in eine männliche Figur. Und das nicht mit Hilfe der klassischen Maskerade (falscher Bart und lange Hose), sondern mit einem ganz besonderen Familienerbstück, das ihr von der Patentante unter dem Siegel der Verschwiegenheit vor ihrer Hochzeitsnacht (mit dem offenkundig schwulen Gemahl) überreicht wird: einer wahrhaftigen Männerhaut, von ihren Trägerinnen zärtlich "Lorenzo" genannt.
Eine sehr hintergründige und auf hohem Niveau unterhaltsame Lektüre.
Hubert/Zanzim, In der Haut eines Mannes
Reprodukt, 978-3-95640-341-5, 29,00 €
Ewald Arenz nimmt uns mit auf einen Rundflug über die Stadt und durch die Zeit.
Im Jahr 1929 träumt die Pfarrerstochter Luise weniger von ihrem bevorstehenden Abiturzeugnis und dem anschließenden Studium als von einer Karriere als Flugpilotin. Dieses Ziel liegt für sie in weiter Ferne, zumal ihr Vater gar nicht davon begeistert ist. Aber sie hat genug Ehrgeiz, es zu versuchen. Schließlich schafft sie im wahrsten Sinne des Wortes den Sprung in die Lüfte und wird eine erfolgreiche Pilotin im Doppeldecker. Allerdings ändern sich Mitte der dreißiger Jahre die Zeiten und sie muss auf den heimischen Boden der Tatsachen zurückkehren. Die örtlichen Nazis setzen ihrer Familie und ihren Freunden zu und Luise muss Farbe bekennen.
Ewald Arenz erzählt mit großer Kunstfertigkeit und mit dieser Geschichte heben wir Leser schon nach wenigen Seiten regelrecht ab.
Ewald Arenz, Ein Lied über der Stadt
ars vivendi, 978-3-7472-0467-2, geb. 22 €
Levi Pinfold ist ein Meister der Bilderbuch-Graphik für alle Generationen.
Sein neuestes Werk ist eine phantastische Traumreise in das verwunschene Schloss-Hotel Paradise Sands, das sich mitten in einer kargen Felslandschaft findet.
Die Erzählerin ist mit ihren drei Brüdern auf dem Weg zur Mutter, die sie im Krankenhaus besuchen möchten. Als sie unterwegs ihren Durst an der Quelle stillen, geraten sie in den Bann des mysteriösen Herrschers von Paradise Sands. Pinfolds perfekt gezeichnete Bilder verzaubern im wahren Sinne des Wortes und fasziniert lässt man sich von ihnen in diese wunderbar märchenhafte Geschichte ziehen.
Ein Hochgenuss für alle Liebhaber illustrierter Bücher!
Levi Pinfold, Paradise Sands.
Die Geschichte einer Verzauberung
Jacoby & Stuart, 978-3-96428-156-2, 24,00 €